Ferhat
Unvar

19. February 2020

Hanau

Leben des Opfers

Ferhat Unvar – Sohn migrantischer Eltern, der in Hanau am Main geboren wurde, aufwuchs und auch in Hanau viel zu früh dem Leben entrissen wurde. Am 14. November 1996 kam Ferhat als erstes Kind von Familie Unvar zur Welt. Schon früh zeigte er großes Interesse an Büchern und verbrachte Zeit am liebsten mit Freunden. Mathematik war eines seiner liebsten Fächer in der Schule.

Er hatte eine Maxime – und dies war Hilfsbereitschaft. Sein Bewusstsein für gesellschaftliche Probleme und sein Drang, eben diese anzusprechen, um Menschen das Leben zu erleichtern, zeigte er vor allem in seinen Twitter Posts. „Tot sind wir erst, wenn man uns vergisst“, schrieb er.

Vor allem beschäftigte er sich mit der Schulpolitik und den rassistischen Erfahrungen, die er und seine Freunde immer wieder machen mussten. Er war sich bewusst, dass es sich hierbei um ein strukturelles Problem handelt und versuchte in seinem Umfeld ein Bewusstsein dafür zu schaffen.

Ferhat war trotz alledem ein offener Mensch, der gerne lachte und auch andere zum Lachen brachte. Sein Freundeskreis, bestehend aus Menschen allen Ursprungs und Alters, war Beweis für sein großes Herz, das am liebsten die Welt umarmen würde.

Viel zu früh wurde er uns allen durch einen Rechtsterroristen entrissen. Deshalb haben wir es uns zur Mission gemacht, seine Ziele umzusetzen und Aufklärungsarbeit zu betreiben. Damit kein Kind mehr durch die Hand eines rassistischen Terroristen umgebracht wird.

Formen des Gedenkens

Um an Ferhat Unvar und alle anderen Menschen, die ihr Leben durch Hasskriminalität verloren haben, zu gedenken, wurde die Bildungsinitiative Ferhat Unvar von seiner Mutter, Serpil Temiz Unvar, ins Leben gerufen. Die Gründung erfolgte am 14. November 2020, sieben Monate nach dem rassistischen Anschlag vom 19. Februar 2020 in Hanau, an Ferhats 24. Geburtstag.

Die Bildungsinitiative gedenkt Ferhat Unvar durch verschiedene Bildungs- und Gedenkprojekte, die seinen Namen und sein Vermächtnis bewahren. Dazu gehören Workshops, die über Rassismus, Diskriminierung und Zivilcourage informieren, sowie Gedenkveranstaltungen, die an ihn und die weiteren Opfer des Anschlags erinnern. Die Initiative engagiert sich zudem politisch, um strukturelle Veränderungen zu bewirken, und führt Bildungsprojekte in Schulen durch, um junge Menschen zu sensibilisieren. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Stärkung und dem Empowerment von Betroffenen, um Solidarität und aktive Teilhabe zu fördern.

Was ist geschehen

Diese Gedenkchronik thematisiert rechte, rassistische und antisemitische Gewalt, einschließlich spezifischer Vorfälle, Hintergründe und Folgen. Die Inhalte können belastende Beschreibungen von Gewalt, Diskriminierung und Leid enthalten.

Im folgenden ausklappbaren Abschnitt “Beschreibung der Tat” werden konkrete Gewalttaten geschildert. Wir möchten Betroffene und Leser*innen daher darauf hinweisen, dass die Auseinandersetzung mit diesen Inhalten retraumatisierend wirken kann. Bitte prüfen Sie vor dem Zugriff auf die Inhalte, ob Sie sich mental und emotional in der Lage fühlen, sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen und tun sie dies ggf. nicht allein.

Am 19. Februar 2020 verübte ein rechts-terroristischer Täter in Hanau einen rassistisch motivierten Anschlag, bei dem er gezielt Menschen mit Migrationshintergrund angriff und neun Menschen tötete. Die Opfer des Anschlags waren:

Ferhat Unvar

Mercedes Kierpacz

Sedat Gürbüz

Gökhan Gültekin

Hamza Kurtović

Said Nesar Hashemi

Kaloyan Velkov

Fatih Saraçoğlu

Vili Viorel Păun

Der Anschlag wurde als rechtsterroristischer Akt eingestuft und löste in Deutschland großes Entsetzen aus. Er führte zu landesweiten Diskussionen über Rassismus, Rechtsextremismus und den Schutz von Menschen mit Migrationshintergrund. Zahlreiche Mahnwachen und Gedenkveranstaltungen fanden statt, um der Opfer zu gedenken und Solidarität zu zeigen.