Am 15.11.2024 fand im Rahmen des Modellprojekts „Selbstbestimmt Vernetzen, Erinnern und Bilden“ der Amadeu Antonio Stiftung in Kooperation mit dem Solidaritätsnetzwerk und dem Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) der Fachtag „Opferschutz und Opferhilfe: Wissensdialog und Betroffenenperspektive bei rassistischer, rechter und antisemitischer Gewalt“ im Haus der Kulturen der Welt (HKW) in Berlin statt.
Der Fachtag befasste sich mit der Verbesserung von Maßnahmen für den Opferschutz und die Opferhilfe bei rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Im Fokus standen der Austausch von Wissen zwischen Betroffenen, Behörden und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen sowie die gemeinsame Entwicklung von Empfehlungen. Dabei sollten die Betroffenen aktiv in die Gestaltung von Maßnahmen einbezogen und der Wissenstransfer zwischen allen Beteiligten gestärkt werden. Langfristig sollen konkrete Anpassungen in der Unterstützung von Betroffenen und ein systematisches Monitoring umgesetzt werden.
Ablauf Fachtag
Nach einleitenden Eröffnungsworten von Tahera Ameer (Vorständin der Amadeu Antonio Stiftung), Reem Alabali-Radovan (Staatsministerin, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration zugleich Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus) und Ulrich Grötsch (Polizeibeauftragter des Bundes beim Deutschen Bundestag) gab es vier Kurz-Inputs der Betroffenen Izabela Tiberiade, Christina Feist, Gamze Kubaşık und Said Etris Hashemi sowie einen Fachvortrag der Rechtsanwältin Katrin Inga Kirstein zur Entschädigung von Betroffenen rassistischer und antisemitischer Taten. Anschließend fanden parallel drei verschiedene Workshops zu den Themen „Opferschutz und Ermittlungsbehörden“, „Soziales Entschädigungsrecht und Versorgung“ sowie „Beratungsarbeit für Betroffene“ statt, die jeweils kurze Expert*inneninputs und eine anschließende Gruppendiskussion beinhalteten. Dort konnten weitere Betroffene ihre Erfahrungen teilen, ergänzt durch Fachvorträge, beispielsweise von Prof. Dr. Tobias Singelnstein.
Die Ergebnisse der Workshops werden in eine umfassende Dokumentation einfließen und als Grundlage für ein Forderungspapier dienen, welches voraussichtlich im Frühjahr 2025 veröffentlicht wird. Hier bereits ein erster inhaltlicher Einblick:
Forderungen der Betroffenen
- Zukünftige Einbeziehung der Betroffenen in die Gestaltung der Maßnahmen durch Ministerien und politische Entscheidungsträger*innen – Garantie von Wissenstransfer und Transparenz
- Sensibilisierung von Behörden, die mit Betroffenen von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Kontakt treten, um Re-traumatisierungen zu vermeiden
- Herausgabe eines praxisorientierten Leitfadens mit Best-Practice Beispielen und klaren Handlungsempfehlungen für Behörden, Beratungsstellen, NGOs etc., der auf die speziellen Bedürfnisse und Herausforderungen von Betroffenen eingeht
- Die Gewährung eines bedingungslosen (humanitären) Bleiberechts für Betroffene zur Gewährleistung ihrer Sicherheit und ihres Wohlbefindens sowie gesetzliche Anpassungen, um Opfern von Gewalt und Verfolgung Zugang zu notwendigen Unterstützungsangeboten zu ermöglichen
- Regelmäßige und systematische Evaluierung der „neuen“ Maßnahmen durch Bund und Länder
- Einrichtung einer Beschwerde- oder Ombudsstelle, die Betroffenen einen direkten Zugang zur Klärung ihrer Anliegen ermöglicht
- Finanzielle und personelle Stärkung von Beratungsstellen für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt
In seinen Abschiedsworten betonte Hannes Schwarz, Unterabteilungsleiter im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, einen langfristigen sowie regelmäßigen Austausch zwischen den Betroffenen und dem Ministerium etablieren zu wollen.
Die Veranstaltung war ein Meilenstein für das Projekt, ermöglicht durch die Zusammenarbeit vieler Akteur*innen. Trotz Herausforderungen in der Planungsphase konnte ein wertvoller Beitrag zur Weiterentwicklung des Opferschutzes und der Opferhilfe geleistet werden. Monate intensiver Arbeit fanden mit dieser Veranstaltung einen eindrucksvollen Höhepunkt, der die Grundlage für weitere Fortschritte legt.
Gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, zugleich Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus, Reem Alabali-Radovan.