Zschäpe war eine von drei Personen, die den Kern des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) bildeten – einer rechtsterroristischen Gruppe, die zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen ermordete. 2018 wurde sie vom Oberlandesgericht München zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Dabei wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt, was eine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren in der Regel ausschließt. Dennoch kann das Gericht nach Ablauf dieser Frist eine sogenannte Mindestverbüßungsdauer festlegen. Erst wenn diese endet, kann ein Antrag auf vorzeitige Haftentlassung gestellt werden.
Die Angehörigen der Mordopfer wurden über die Aufnahme der Täterin in das Aussteiger*innenprogramm nicht durch staatliche Stellen informiert, sondern erfuhren davon ausschließlich über Medienberichte. Eine aktive Benachrichtigung oder Einbindung fand nicht statt – trotz der Relevanz solcher Entwicklungen für die Betroffenen. Diese fehlende Kommunikation steht exemplarisch für ein strukturelles Problem im staatlichen Umgang mit den Opfern des NSU-Komplexes.
Während die Verurteilte nun Zugang zu einem Programm erhält, das ihr langfristig neue Perspektiven im Strafvollzug eröffnen kann, fehlt den Angehörigen der Ermordeten bis heute eine umfassende staatliche Anerkennung und Unterstützung. Es mangelt an transparenten Informationen, an kontinuierlicher rechtlicher Begleitung und an einer angemessenen finanziellen Entschädigung. Auch 13 Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU bleibt der institutionelle Umgang mit den Betroffenen unzureichend – geprägt von Verantwortungslücken, mangelnder Transparenz und fehlender politischer Konsequenz.
Mandy Boulgarides und Michalina Boulgarides, Töchter des vom NSU ermordeten Theodoros Boulgarides, sowie Gamze Kubaşık, Tochter des ermordeten Mehmet Kubaşık, melden sich nun mit Stellungnahmen zu Wort.