Leben des Opfers
Die folgenden Auszüge sind Zitate aus dem Projekt „Tell their stories“, eine Publikation herausgegeben vom NS-Dokumentationszentrum München in Kooperation mit der Initiative „München OEZ erinnern!“. Die Texte können digital in voller Länge auf der Website https://www.stories.nsdoku.de/tell-their-stories nachgelesen werden.
Auszug aus einem Text von Gisela Kollmann, Guilianos Großmutter:
Mein Guiliano war ein braves Baby. Ich hatte ihn schon damals viel bei mir. Aber ab dem dritten Lebensjahr war er fest bei mir. Bis er gestorben ist. Ich bin mit ihm durch seine Kindergartenzeit gegangen, seine Schulzeit und seine Lehre. Durch die guten und die schweren Tage. An den guten Tagen habe ich ihn oft in unser Jugendfreizeitheim um die Ecke gebracht: Die Kiste. Dort hat er viele glückliche Stunden erlebt. Mit seinen Freunden. Sie haben Hip-Hop gemacht. Sogar mit sehr bekannten Rappern wie Farid Bang. Sinto 2000 war sein Künstlername. Er war stolz auf seine Herkunft als Sinto. […]
Guiliano war ein hilfsbereiter Junge. In den oberen Stockwerken hatten wir ein paar alte, alleinstehende Damen. Er hat ihnen immer die Einkäufe hochgetragen. Auch im Viertel war er bekannt, er hat alle gegrüßt. Diese Erinnerungen sind wie eine schöne Sage. Aber es war wirklich so. Einmal bin ich schwer an einer Sepsis erkrankt. Er ist jeden Tag nach der Arbeit gekommen und hat mich im Krankenhaus besucht. Die Liebe zu meinen Kindern habe ich immer zurückbekommen.