Betroffene
Probsteigasse

19. Januar 2001

Köln

Hintergrund

Am 19.01.2001 verübte die rechtsextreme Terrorzelle “Nationalsozialistischer Untergrund” (NSU) einen Paketbombenanschlag in der Kölner Probsteigasse. Ziel der Attacke war ein iranisches Lebensmittelgeschäft. Die Tochter der Inhaber überlebte schwer verletzt, nur durch Glück kam niemand zu Tode.

Die Ermittlungen nach dem Anschlag verliefen lange Zeit ergebnislos, insbesondere auch deswegen, weil seitens der ermittelnden Behörden ein rechtsterroristischer Hintergrund nicht in Betracht gezogen wurde. Demzufolge wurden zeitnah keine Kontakte zu den zahlreichen V-Leuten des Verfassungsschutzes, die im entsprechenden Milieu angesetzt waren, versucht.

Ein anhand des kurz nach der Tat erstellten Phantombildes des Täters, welches eine verblüffende Ähnlichkeit mit einer solchen V-Person zeigt, wurde daher als Spur nicht ausgewertet.

Die Familie geht nach wie vor davon aus, dass keines der männlichen Mitglieder der NSU Zelle, die bei der Enttarnung des NSU tot aufgefunden wurden, tatsächlich die Bombe im Laden abgelegt hat.

Die Vorstellung, dass dieser Täter nicht identifiziert wurde, stellt aus Sicht der Familie auch heute noch eine Gefahr dar.

Formen des Gedenkens

In den letzten Jahren haben verschiedene Formen des Gedenkens an den Anschlag in der Probsteigasse stattgefunden. Zahlreiche Kölner Initiativen organisieren regelmäßig zum Jahrestag am 19. Januar ein gemeinsames Gedenken, bei welchem die noch immer nicht abschließend geklärten Fragen nach weiteren Unterstützer*innen des NSU und der Rolle des Verfassungsschutzes laut gestellt werden.

Ende 2021 beschloss der Rat der Stadt Köln, eine von Daniel Poštrak entworfene Gedenktafel zur Erinnerung an den 2001 verübten Anschlag in der Probsteigasse anzubringen. Sie wurde am Jahrestag des Anschlags, am 19. Januar 2023, eingeweiht.

Am 9. November 2021 beschloss der Kölner Stadtrat zudem die Annahme des Entwurfs des Künstlers Ulf Aminde als Siegerentwurf des künstlerischen Wettbewerbs für die Errichtung eines öffentlichen Denkmals zu den Anschlägen des NSU in der Keupstraße und der Probsteigasse. Allerdings konnte der Erinnerungsort wegen Interessenkonflikten zwischen der Stadt, den Initiativen und den Grundstückseigentümern bislang nicht realisiert werden. Bürokratische Hürden und die technische Komplexität des Projekts verzögern den Prozess zusätzlich. Trotz dieser Hindernisse setzen sich verschiedene Initiativen wie “Keupstraße ist überall” und “Herkesin Meydanı” weiterhin für die Errichtung eines öffentlichen Mahnmals ein. Die Website www.mahnmal-keupstrasse.de dokumentiert diese Bemühungen.

Was ist geschehen

Diese Gedenkchronik thematisiert rechte, rassistische und antisemitische Gewalt, einschließlich spezifischer Vorfälle, Hintergründe und Folgen. Die Inhalte können belastende Beschreibungen von Gewalt, Diskriminierung und Leid enthalten.

Im folgenden ausklappbaren Abschnitt „Beschreibung der Tat“ werden konkrete Gewalttaten geschildert. Wir möchten Betroffene und Leser*innen daher darauf hinweisen, dass die Auseinandersetzung mit diesen Inhalten retraumatisierend wirken kann. Bitte prüfen Sie vor dem Zugriff auf die Inhalte, ob Sie sich mental und emotional in der Lage fühlen, sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen und tun sie dies ggf. nicht allein.

Der NSU-Anschlag in der Kölner Probsteigasse war eine rechtsterroristische Tat des sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU), die sich am 19. Januar 2001 ereignete. Zwischen 2000 und 2007 ermordete der NSU zehn Menschen, neun davon mit Migrationshintergrund. Ziel des Anschlags war ein Lebensmittelladen in der Probsteigasse, der von einer aus dem Iran stammenden Familie betrieben wurde. Der Täter hinterlässt am 19. Januar einen Korb mit einer als Stollendose getarnten Paketbombe im Geschäft, welche die 19-jährige Tochter der Ladenbesitzer Wochen später aus Neugierde öffnet. Sie erleidet durch die Explosion schwere Verbrennungen, liegt in der Folge eineinhalb Monate im Koma und überlebt nur durch großes Glück. Erst drei Monate nach der Tat kann sie aus dem Krankenhaus entlassen werden.

Die Familie musste ihr Geschäft schließen und leidet bis heute an den körperlichen, materiellen und psychischen Folgen des Anschlags.